Das Recht zur Erteilung eines Erbscheins an den oder die Erben kann sicher als der Regelfall betrachtet werden. Allerdings kann auch der Gläubiger eines Erblassers einen Erbschein beantragen, soweit er diesen zum Zweck einer Zwangsvollstreckung benötigt. Doch in diesem Fall des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) wurde ein entscheidendes Detail übersehen.
Denn hier hatte der Erblasser Mietschulden hinterlassen, die erst nach seinem Tod entstanden sind. Der Gläubiger hatte daraufhin gegen zwei von vier gesetzlich in Betracht kommende Erben Vollstreckungsbescheide erwirkt und beantragte die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der die vier Enkel als Erben ausweisen sollte.
Sowohl das Nachlassgericht als auch das OLG lehnten den Antrag jedoch unter anderem aus formalen Gründen ab. Der Gläubiger berufe sich gerade nicht darauf, Ansprüche gegen den Erblasser zu haben. Der Gläubiger hat vielmehr die Titel unmittelbar gegen dessen vermeintliche Erben für Mietschulden erwirkt, die erst nach dem Tod des Erblassers entstanden sind. Daher gebe es kein Antragsrecht auf Erteilung eines Erbscheins durch den Gläubiger.
Hinweis: Anders wäre es, wenn es sich um Schulden gehandelt hätte, die bereits vor dem Tod des Erblassers entstanden waren, oder der Gläubiger bereits einen Vollstreckungstitel gegen den Erblasser erwirkt hat.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 19.06.2023 – 3 W 55/23
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(aus: Ausgabe 08/2023)